Rezensionen

Moïra Fowley-Doyle: Der Zauber der verlorenen Dinge

„In dieser Nacht verlor jeder etwas.
 Nicht alle bemerkten es.“

‚Der Zauber der verlorenen Dinge‘ ist eins jener Bücher, das mich zuallererst mit seinem Cover gecatcht hat. Leider waren die Meinungen zum Inhalt eher durchwachsen. Und doch habe ich mich auf die Geschichte eingelassen, da ich schon oft ganz besondere entdeckt habe, wenn ich mal entgegen der weitläufigen Meinung gelesen habe. So auch dieses Mal. Und ich bin so froh darüber, denn sonst hätte ich eine magische Geschichte verpasst, die ihre eigene Magie entfaltet und einfach nur verzaubert.

Moïra Fowley-Doyles Schreibstil fand ich unglaublich toll, denn er ist sehr poetisch. Und dabei meine ich nicht konkret die Poesie der Worte an sich, sondern eher die Art, wie die Dinge und Geschehnisse beschrieben werden, wie die Dialoge gestaltet sind und der Umgang der Protagonisten miteinander ist. Jedes einzelne Wort wirkt mit Bedacht gesetzt, damit die richtige Stimmung transportiert wird. An dieser Stelle möchte ich auch ein Lob an Karen Gerwig aussprechen, die bei der Übersetzung großartige Arbeit geleistet hat. Durch diese Bedachtheit, zusammen mit der Magie der Geschichte an sich, herrscht eine sehr atmosphärische Grundstimmung, die sich durch das ganze Buch zieht. Und mich in die Geschehnisse. Und zwar so, dass ich so restlos begeistert bin von diesem Buch, dass es mir fast die Sprache verschlagen hat. 

„Würdest du einen Menschen für einen anderen opfern, wenn du könntest?“

Die Story an sich ist eher ruhig und kommt ohne große Höhepunkte und Spannung aus. Doch das ist nicht schlecht, keineswegs, denn das Buch schafft es auf andere Weise zu fesseln.
Zu Beginn spielen sich die Geschehnisse in drei verschiedenen Gruppen ab, aus jeder der Gruppen bekommt eine Person ein eigenes Kapitel. Somit folgen wir als Leser drei Hauptpersonen, deren Verbundenheit zunächst darin liegt, dass sie Dinge verlieren. Die Vielzahl an (Haupt-)Personen, insgesamt acht, mag die Übersichtlichkeit anfangs etwas einschränken, doch das legt sich schnell. Und dann kann die Geschichte auch ihren Zauber entfalten. Zunächst in Form eines Notizbuches mit Zaubersprüchen. Können damit verlorene Dinge wieder gefunden werden, zurückgeholt werden? Denn das passiert ständig. Dinge gehen verloren, Menschen und Tiere verschwinden. Dafür tauchen andere Dinge auf, die verloren geglaubt waren, die in Vergessenheit gerieten. Wo kommen sie her, wem gehören sie? Wie kann etwas hier sein, wenn es doch dort zurückgelassen wurde?

Man lernt nicht alle Figuren tiefgehend kennen, aber das macht nichts. Man lernt sie so weit kennen, dass man ihre Beweggründe versteht, ihr Zerrissenheit und ihre Verlorenheit. Denn darum geht es. Um Dinge, die man verlieren kann. Und wir lernen, dass nicht alle Verluste zwangsläufig schlecht sind. Dass man vielleicht verloren gehen muss, um neu anzufangen. Ich liebe diese kluge Poesie in der Geschichte, aber auch ihre Tragik und Weisheit. Sie fängt mich völlig ein und lässt mich nicht mehr los. 

„Vielleicht müssen wir manche Dinge verlieren, um Platz für andere zu schaffen. Die alltäglichen Dinge lassen wir los, damit wir mit leichterem Gepäck weitergehen können.“

Ja, es wird eine unglaublich stimmungsvolle und mystische Geschichte erzählt, die so viel mehr ist als nur verlorene Dinge. Sie ist Liebe, sie ist Freundschaft, sie ist Familie. Sie ist Täuschung, Verletzung und Verlassenheit. Sie ist die Hoffnung auf ein gutes Ende und darauf, dass man kein böser Mensch ist. Sie ist eine tolle Botschaft an junge Menschen, die sich in Welt auch manchmal verloren fühlen. Und sie ist derart besonders und zauberhaft, dass ich sie demjenigen ans Herz legen möchte, der eine Geschichte lesen möchte, die anders ist als die Geschichten, die wir sonst lesen. Demjenigen, der auf der Suche ist nach dem kleinen Zauber, der uns daran erinnert, warum wir lesen. Genau deswegen: wegen magischer und besonderer Geschichten, die im Gedächtnis bleiben und nachhallen.

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Klappentext:

Wer nicht verloren geht, kann nie gefunden werden

In einer stürmischen Sommernacht beginnen Olive und ihre beste Freundin Rose plötzlich Dinge zu verlieren. Es beginnt mit einfachen Dingen wie Haarspangen und Schmuck, aber bald wird klar, dass Rose etwas viel Bedeutenderes verloren hat – über das sie nicht redet. Dann trifft Olive drei mysteriöse Fremde: Ivy, Hazel und Rowan. Wie Rose haben sie einen Verlust zu beklagen und ein Geheimnis zu verbergen. Als sie ein altes Notizbuch mit Zaubersprüchen entdecken, meinen sie, damit alles wieder in Ordnung bringen zu können. Stattdessen entdecken sie Geheimnisse, die nie entdeckt werden sollten..

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Für einen Blick ins Buch klicke auf das Cover:

Bibliographie:

cbj Verlag
Einzelband
Erschienen am 30.09.2019
Übersetzung: Karen Gerwig
Hardcover 17,00 €, eBook 13,99 €
368 Seiten
ISBN: 978-3-570-17522-4
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