Rezensionen

Carolin Wahl: Zwei Leben in einer Nacht

Intensiv. Das ist das Adjektiv, mit dem ich Carolin Wahls ‚Zwei Leben in einer Nacht‘ beschreiben würde. Trotz der Kürze der Geschichte war es ein eindringliches Eintauchen in das Leben zweier Jugendlicher, das nur ein Ende kennt: ihren Tod.

Die Autorin schreibt in ihrer Danksagung, dass die Geschichte von der ‚Blue Whale Challenge‘ inspiriert ist, eine über einen längeren Zeitraum andauernden Abarbeitung von gestellten Aufgaben, an deren Ende der Suizid der Teilnehmer steht. Durch die Möglichkeit der Vernetzung über soziale Medien ist es heute so einfach wie nie, Gleichgesinnte zu finden. Für jegliche Art der Gesinnung. Und sei es der Suizid. Erschreckend und doch Realität. Ich finde es sehr wichtig, dass in Jugendbüchern darüber geschrieben wird. Denn so viele Freunde, Bekannte und soziale Kontakte man vielleicht über das Internet hat, so einsam sind Jugendliche womöglich im echten Leben. Unverstanden, überfordert, ungeliebt oder anderes, mit dem junge Menschen zu kämpfen haben und dadurch in tiefe Depressionen verfallen. Bücher wie ‚Zwei Leben in einer Nacht‘ helfen vielleicht dabei, eine Depression als das zu akzeptieren, was sie ist. Eine Krankheit. Kein „Ich habe keinen Bock mehr“, kein „Stell dich doch nicht so an“. Doch leider ist die heutige Gesellschaft, die so viel fordert, noch weit von dieser Akzeptanz entfernt.

Sam und Caspar sind zwei Jugendliche, die an einer Challenge teilnehmen, deren Ziel der Tod der beiden ist. Gefühlvoll und unglaublich einnehmend schildert die Autorin mit Rückblenden und Chatverläufen des Forums ‚Deathwish‘ den Weg zu diesem Abend vor jenem Tag, an dem sie beide Erlösung finden möchten. Im Laufe der Geschichte werden ihre Motive immer deutlicher, ihre Gründe dafür, diesen Schritt gehen zu wollen. So unterschiedlich diese sind, stehen sie nun doch gemeinsam vor der Erfüllung verschiedener Aufgaben, um sich gegenseitig zu stützen und den letzten Schritt zusammen zu gehen. Und offenbaren dabei viel von ihren Problemen mit der Welt, mit sich und zeigen so nachvollziehbar, wie schwierig das Leben für die Menschen ist, die in den Augen anderer „seltsam“ sind, „komisch“ und nicht der von anderen gesetzten Norm entsprechen. Oder die Erwartungen Dritter erfüllen müssen. Die Motive für einen Suizid sind so vielfältig wie die Menschen selbst und lassen sich in keine Schablone zwängen.

Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass die Geschichte suizidgefährdete Menschen davon abhalten kann, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Aber ich glaube, dass es Menschen im nahen Umfeld vielleicht ein bisschen sensibler machen könnte. 5 Sterne.

Klappentext

Eine Challenge, eine Nacht, (k)ein Ausweg

Freitag, der 13., Mitternacht. Caspar beobachtet, wie Sams blaues Haar im Wind flattert, als der Zug vorbeirast. Eigentlich weiß er nichts über sie, nur, dass sie beide von Ghost für diese Challenge ausgewählt worden sind. Gemeinsam warten sie auf die erste Nachricht. Die Anweisungen für eine von fünf Aufgaben in dieser Nacht. Ein gefährliches Spiel, das nur ein Ende kennt: ihren Suizid.

Ein spannendes Jugendbuch ab 14 Jahren mit zarter Liebesgeschichte, das auf die Gefahren der Suchtwirkung sozialer Medien und lebensgefährlicher Challenges hinweist. Mit ganz viel Feingefühl geht Carolin Wahl
auf die Themen Depression und Suizid ein und liefert einen Roman, der lange nachhallt.

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Für einen Blick ins Buch klicke auf das Cover

Bibliographie

Loewe
Einzelband
ET: 08.10.2020
Taschenbuch 9,95 €, eBook 8,99 €
288 Seiten
ISBN: 978-3-7432-0746-2
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