Charlotte Weitze: Rosarium
(Werbung – Rezensionsexemplar)
Wenn mich jemand nach der größten Enttäuschung des Jahres fragen würde, ich würde ‚Rosarium‘ von Charlotte Weitze, übersetzt von Ursel Allenstein, nennen. Ich hatte so hohe Erwartungen, die Mischung aus Cover und Klappentext versprach, dass es eine Geschichte werden würde, die mich begeistern könnte. Leider weit gefehlt.
Die Story ist in drei Abschnitte aufgeteilt, die generationsübergreifend eine etwas andere Familiengeschichte erzählt. Der erste Teil war dabei schon etwas abgefahren, aber sehr mystisch und doch auch vielversprechend. Es fielen keine Namen, es wurde von Schwester, Bruder, dem Kronprinzen erzählt. Warum letzterer eine Rolle spielte, erschließt sich mir allerdings nicht. Er wurde nie wieder erwähnt. Die kurzen Sätze unterstrichen die kindliche Erzählperspektive. Also selbst wenn der Stil etwas gewöhnungsbedürftig war, war ich doch in gewisser Weise fasziniert.
Der zweite Teil ergeht sich in Infodumping zu Botanik und Biologie, seitenweise wird von Fortpflanzung und Entdeckungsgeschichten geschwafelt. Eigentlich bin ich grundsätzlich sehr interessiert, lerne gerne und nehme noch lieber bemerkenswerte Fakten aus Büchern mit. Doch das war viel zu viel und nur noch langweilig. Da war die Hauptgeschichte umso bemerkenswerter: Es erzählt eine Frau, die auf der Suche nach ihrer Geschlechtsidentität ist. Ihr Kampf gegen die Eltern und die Gesellschaft war dabei noch sehr interessant und ich dachte mir, dass es eventuell doch noch eine tolle, queere Geschichte werden könnte.
Doch dann kamen Szenen, die mich nur noch abgestoßen haben. Ich hatte überlegt, ob ich den höheren Sinn nicht verstehe, bin aber zu dem Schluss gekommen, dass, wenn einer bestehen würde, es mir schlichtweg egal wäre. Die Protagonistin identifiziert sich als Frau, wurde aber als Mann geboren. Sie gibt ihren Trieben nach und verg3w@ltigt mehrfach ein menschenähnliches Wesen.. Aber dieser Trieb, da kann sie ja eigentlich nichts dafür oder? Mit einem ihrer Gedanken wird mir als Leserin klar, dass sie sich bewusst ist, was sie tut. Aufarbeitung oder Reue? Scham? Selbsthass? Fehlanzeige! Hier wird anscheinend nur das transfeindliche Narrativ bedient, Trans*menschen würden nur verg3w@ltigen wollen. Ich habe noch nie so eine Abscheu für eine Buchfigur verspürt und war kurz davor, das Buch abzubrechen.
Allerdings hatte ich die Hoffnung, dass der dritte Teil nochmal.. besser?.. angenehmer?.. werden könnte. Ich hätte besser abgebrochen, denn der zweite Abschnitt hat mir das ganze Buch verdorben. Ich hatte immer die abscheulichen Taten der Frau im Kopf. Doch auch isoliert betrachtet, war der letzte Abschnitt nichts. Eher langweilig und nichtssagend. ‚Rosarium‘ ist ein Buch, das ich schnell wieder vergessen möchte. Empfehlen kann und will ich es auf keinen Fall. 2 Sterne.
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Ein modernes Märchen, das vom Zusammenleben mit der Natur erzählt – mit »Rosarium« gelingt Charlotte Weitze eine grenzüberschreitende, höchst originelle Mischung aus Realismus und Fantastik. Da ist ein junges Mädchen, das mit dem Bruder allein im Wald lebt, Wurzeln schlägt und Fähigkeiten einer Pflanze annimmt. Da ist eine Botanikerin, die nicht nur ihre eigene Geschlechtsidentität findet, sondern auch eine ungewöhnliche Liebe und eine geheimnisvolle Rose. Und da ist eine Urgroßmutter in Amerika, die ihrer Urenkelin vor dem Tod noch ihr geheimes Wissen mitteilen möchte.
Erschienen bei btb
Einzelband
Autor*in: Charlotte Weitze
Übersetzt aus dem Dänischen von Ursel Allenstein
ET: 02.10.2024
Seiten: 464
ISBN: 978-3-442-75984-2
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