Elizabeth Lim: Ein Kleid aus Seide und Sternen
Manche Bücher entsprechen den Erwartungen, manche übertreffen sie sogar. Aber dann gibt es auch die Bücher, die von vielen sehr geliebt werden und dementsprechend Erwartungen in mir wecken – um diese dann zu enttäuschen. So ging es mir mit Elizabeth Lims Dilogieauftakt ‚Ein Kleid aus Seide und Sternen‘. Die Geschichte hätte etwas Großes werden können, etwas Episches, bleibt jedoch oberflächlich und weit hinter ihren Möglichkeiten zurück.
Elizabeth Lims Schreibstil ist sehr flüssig und einnehmend und täuscht ein bißchen darüber hinweg, dass die Geschichte nie in die Tiefe geht und Ereignisse viel zu schnell abgehandelt werden. So ist der Wettstreit um den Posten des kaiserlichen Hofschneiders viel zu schnell vorbei, ohne dass ich einmal das Gefühl hatte, Details kennenzulernen oder gar die handelnden Personen. Protagonistin Maia bleibt mir fremd und ich fühlte mich als Leser sehr distanziert zu allem, so, als ob es mich nichts angehen würde. Aber das tut es, jedes Mal und bei jedem Buch das ich lese, möchte ich mittendrin sein, mitfühlen, mitlachen und mitleiden. Doch das ist hier für mich leider nicht gelungen.
Maia ist ein nettes Mädchen, das man einfach sympathisch finden muss. Sie hat den Mut, sich als Junge verkleidet auf unbekanntes Terrain zu begeben und wird während des Wettstreits von den anderen Schneidern aufgrund ihres jungen Alters übervorteilt. Doch anstatt wütend zu werden oder ihrem Ärger Luft zu verschaffen bleibt sie ruhig und beginnt von vorne. So gelassen zu bleiben, ist eine Eigenschaft, die ich nicht mein Eigen nennen kann und die ich dafür umso bewundernswerter finde. Sie ist noch dazu sehr klug und zielstrebig, das hilft ihr im Laufe der Geschichte nicht nur einmal. Doch die Emotionen, die sie durchlebt, kann ich nicht mitfühlen. Man lernt zu wenig über ihr Innerstes und schon wären wir wieder bei der Tiefe, die ich so sehr vermisst habe.
Und auch wenn es wohl ein asiatisches Setting sein soll, konnte ich das mit den Beschreibungen nicht erkennen. Einzig die deutsche Vermarktung, die ‚Mulan‘ erwähnt, lässt mich in dem Glauben, dem wäre so. Außer ein paar Details zu Gebäuden habe ich hier und da etwas von Pflaumenblüten gelesen oder von gestickten Kranichen. Aber das reicht mir nicht. Wieso wurden nicht Begrifflichkeiten eingebaut, die das asiatische Setting unterstützen würden? Warum wurde nicht öfters der Duft einer Blüte beschrieben oder die Stimmung, die das Licht der roten Sonne schafft? Im Ansatz war das hier und da vorhanden, aber einfach viel zu wenig. Es kam für mich keine Atmosphäre auf und schon bin ich wieder der distanzierte Leser, der nur dabei ist, statt mittendrin.
Als dann die im Klappentext erwähnte Reise ansteht, freue ich mich ein bißchen. Denn Reisen bedeutet, Land und Leute kennenzulernen. Doch leider ist es auch hier wieder so, dass mir alles zu flüchtig bleibt. Es sind z.B. ein paar Aufgaben zu bewältigen, die man so sehr hätte ausschmücken können. Ich hätte mir mehr Details zu den Gegebenheiten gewünscht, zur Anstrengung, die mit der Erfüllung der Aufgabe verbunden ist. Doch auch hier einfach zu wenig..
Warum das alles so schlimm ist? Weil ich die Geschichte liebe! Ein Mädchen, das sich verkleiden muss, um in einer Männerdomäne zu bestehen. Eine Reise, die vor Gefahren nur so strotzt, eine Magie, die sehr besonders ist und ein geheimnisvoller Zauberer, der viel zu verbergen hat. Und von all dem hätte ich gerne mehr gehabt. Mehr Details, mehr Tiefe, und vor allem auch mehr Zeit für die einzelnen Szenen. Und auch wenn das Ende anders ist, als ich erwartet habe, weiß ich nicht, ob ich den zweiten Teil lesen möchte. Ich bin hin- und hergerissen, da ich die Geschichte an sich einerseits ziemlich toll finde, die Umsetzung aber andererseits einfach zu oberflächlich und nicht ausführlich genug. Ich werde wohl bei Erscheinen des Finalbands spontan entscheiden. Und mich dann wieder von einem wunderschönen Cover weichklopfen lassen. 3 Sterne.
Klappentext
Maia Tamarin träumt davon, die beste Schneiderin des Reiches zu werden. Sie lernt diese Kunst von ihrem Vater und ist sehr begabt, aber als Mädchen ist ihr die Ausübung dieses Berufes untersagt. Als der Kaiser einen Wettbewerb um den Posten des Hofschneiders ausruft, fasst sie einen gewagten Plan: Verkleidet als Junge reist sie unter dem Namen ihres Bruders an den Hof, um für ihren Traum zu kämpfen. Unter den zwölf Schneidern, die sich bewerben, herrscht hohe Konkurrenz, das Leben am Hof ist von Intrigen bestimmt – und keiner darf Maias Geheimnis erfahren, denn dann erwartet sie der Tod. Doch schon bald zieht sie die Aufmerksamkeit des geheimnisvollen Magiers Edan auf sich: Er scheint ihre Verkleidung zu durchschauen. Und Maia braucht seine Hilfe, um die schier unmögliche letzte Aufgabe des Wettbewerbs zu erfüllen: Sie muss drei magische Kleider für die kaiserliche Prinzessin nähen, die aus Elementen der Sonne, der Sterne und des Mondes gewirkt sind. Zusammen mit Edan begibt sich Maia auf eine gefährliche Reise, die sie fast alles kostet, was ihr lieb und teuer ist …
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Bibliographie
Carlsen
Band 1 von 2
Übersetzt von Barbara Imgrund
ET: 02.07.2020
Paperback 16,00 €, eBook 9,99 €
448 Seiten
Ab 14 Jahren
ISBN: 9783551584151
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