Daniela Winterfeld: Die Quellen von Malun – Blutschicksal
Ich liebe es ja, wenn ich viele verschiedene Handlungsstränge habe und diese dann irgendwann zusammengeführt werden. So, als ob sich der Kreis endlich schließen würde. Und das ist Daniela Winterfeld mit ihrem Trilogiefinale ‚Blutschicksal‘ wahrlich meisterhaft gelungen. Ich bewundere Autor*innen für diese logische und logistische Meisterleistung jedes Mal auf’s Neue. Umso mehr bei einer derart komplexen Welt, wie sie Winterfeld hier über drei Bände präsentiert hat. Die Historie, die Ruann geformt hat, die ganzen Zusammenhänge aus Grausamkeit, Tod und Wiederauferstehung haben ein würdiges Finale voller Epik bekommen. Der Schluss hat mich ziemlich zufrieden gestellt, vorab wurden noch einige Weichen für die Zukunft des Kontinents gestellt, Altes begraben und ein paar Überraschungen enthüllt. Vor allem letztere haben nochmal ein runderes Bild der ganzen Geschichte ergeben, selbst, wenn ich mir die Enthüllungen teils schon zusammengereimt hatte. Ja, der Kreis hat sich geschlossen, doch der Weg dahin war erneut voller Blut, Tod und Gewalt. Aber selbst dort, an einem derart trostlosen Ort, findet man Hoffnung und Liebe, Loyalität und Freundschaft. Und den Mut, gegen die Unterdrücker zu kämpfen. Ein klassischer Trope, doch die Kunst ist, was man daraus macht. Daniela Winterfeld hat etwas Großes geschaffen, eine Reihe, die ich uneingeschränkt empfehlen möchte.
Doch trotz der meiner Freude über das große Ganze, das in einem ausschweifenden Finale richtiggehend zelebriert wird, hat mich der Finalband nicht ganz so abgeholt wie die beiden Vorgängerbände. Vor allem zu Beginn von ‚Blutschicksal‘ fand ich mich in der Geschichte überhaupt nicht zurecht, ich hatte das Gefühl, die Autorin verliert sich in Details, Wiederholungen und Unwichtigkeiten. Somit war mein Start ins Finale mitnichten das, was ich erhofft hatte und das Lesen ging unglaublich zäh voran. Doch da ich die beiden Vorgänger so gern mochte, habe ich nicht aufgegeben. Und Gott sei Dank ist der Knoten dann irgendwann geplatzt und die Geschichte konnte mich so fesseln, wie sie es eigentlich seit dem ersten Teil konnte.
Zur Handlung und den Charakteren selbst will ich gar nicht viel sagen, bei einem dritten Teil spoilert fast schon jedes Wort. Nur ein paar Gedanken, dich mich während des Lesen beschäftigt haben, möchte ich noch loswerden. Zum Beispiel, dass ich mich mit Leymon und Tailin in diesem Band am wenigsten wohl gefühlt habe. Die Beziehung, die ich in den Vorgängerbänden zu den beiden aufgebaut hatte, ist im Laufe dieses Bandes irgendwie verpufft. Wie konnte das passieren? Sie blieben mir hier zu unnahbar und ihr Erzählstrang auf überwiegend geistiger Ebene war für mich derart abstrakt und dadurch war ich schnell gelangweilt. Es gab Kapitel, in denen es besser war, aber im Großen und Ganzen hat sich der Erzählstrang um diese beiden für mich persönlich am negativsten entwickelt. Es mag mitunter auch daran gelegen haben, dass Leymon Dinge offenbart hat, die ich erst mal verdauen musste – nachdem er gefühlt das ganze Buch nicht darüber sprechen wollte und eigentlich nur mies drauf war.
Dahingegen mochte ich die Handlungen um Alia und Feyla wieder sehr, zwei Frauen, die in dieser frauenverachtenden und vor sexualisierter Gewalt strotzenden Welt ihren Platz nicht nur finden, sondern auch bis auf’s Blut dafür kämpfen. Und Thia hat mich fasziniert – auf eine Art, die ich nicht genau beschreiben kann. Einerseits bewundere ich sie und andererseits kann ich ihre Handlungen nicht nachvollziehen. Einfach, weil sie so krass ist! Abgebrüht, berechnend, mutig, stark.
Die anderen Charaktere haben mich natürlich auch auf ihre Weise beeindruckt, denn eigentlich alle Figuren wurden vielschichtig gezeigt und mit einer meist grausamen Vergangenheit ausgestattet. Doch fast jeder Charakter hat seine Entwicklung durchgemacht, mal größer, mal kleiner, mal schwerer erkämpft, mal weniger. Auch dafür liebe ich die Trilogie, denn sie zeigt die Abstufungen zwischen Weiß und Schwarz und dass es nicht immer einfach ist, Gutes zu tun. Bestes Beispiel dafür ist der Blutsohn, der mich mit seiner Entwicklung doch enorm beeindruckt hat – auch wenn ich ihn nie wirklich mochte.
Und da mich Bookstagram sensibilisiert hat, würde ich mir für eine eventuell erscheinende neue Auflage noch etwas für die Trilogie wünschen: Eine Triggerwarnung. Auch wenn es ein Dark-Fantasy-Roman für Erwachsene ist und man Brutalität und sexualisierte Gewalt erwarten könnte, ist es meiner Meinung nach wichtig, die Explizitheit dieser herauszustellen. Denn manche Szenen und Beschreibungen haben selbst mich an meine Grenzen gebracht, ohne getriggert zu werden. Denn Kindesmissbrauch braucht keinen Trigger.
Auch wenn mich ‚Blutschicksal‘ nicht vollends überzeugen konnte, sind ‚Die Quellen von Malun‘ eine Dark-Fantasy-Reihe, die ich uneingeschränkt empfehlen möchte. Aber nur, wenn du bereit bist für eine epische Geschichte in einer wirklich brutalen Welt, die dabei aber so unglaublich faszinierend ist und mitreißt. 3,5 Sterne für ‚Blutschicksal‘.
Klappentext zum Reihenauftakt ‚Blutgöttin‘
Das Wasser auf Ruann versiegt, und die Dürre verurteilt die Völker zu Hunger und Durst. Um sich die letzten Ressourcen zu sichern, führt das Großreich Sapion erbitterte Kriege gegen seine Nachbarreiche. Die Politikertochter Feyla, der Offizier Dorgen, die Sklavin Alia und der Soldat Tailin sind alle auf verschiedene Weise von dem Krieg betroffen. Jeder versucht für sich einen Ausweg aus der hoffnungslosen Situation zu finden. Aber noch wissen die Vier nicht, dass ihre Schicksale miteinander verbunden sind und die Gründe für das Verschwinden des Wassers in einer Verschwörung von ungeahnten Ausmaßen liegen …
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Bibliographie
Bastei Lübbe
Band 3 von 3
ET: 26.02.2021
Seiten: 751
Altersempfehlung: 16
ISBN: 9783404209699