Rezensionen

Emilia Hart: Die Unbändigen

(Werbung – Rezensionsexemplar)

Eine negative englischsprachige Rezension auf Goodreads fasst ‚Die Unbändigen‘ von Emilia Hart, übersetzt von Julia Walther, so zusammen: „Drei Frauen, die die Natur lieben, werden zu verschiedenen Zeiten grauenvoll von Männern behandelt. Das war’s, darum geht’s in dem Buch.“
Das ist zwar grundsätzlich korrekt, aber ich finde, dass es um weitaus mehr geht.

Altha, Violet und Kate sind als Protagonistinnen über die Jahrzehnte hinweg verbunden. Sie werden nicht nur alle drei schlecht von Männern behandelt, sondern haben noch mehr Gemeinsamkeiten, die sich im Laufe des Buchs offenbaren.
Althas Handlungsstrang beginnt, als sie im Gefängnis sitzt. Angeklagt wegen Hexerei. Es ist immer wieder ein Graus zu lesen, wie alles so hingedreht wird, dass Männer nicht für ihr Handeln verantwortlich gemacht werden, sondern sie alleine deswegen so agieren, weil eine Frau sie angeblich „verhext“ habe.
Ihr Handlungsstrang war eigentlich eher ruhig und wenig hoffnungsvoll, doch nach einem Twist war ich total gefesselt. Ihr Vorgehen moralisch zu bewerten war ein Herausforderung und ich bin immer noch zu keinem für mich zufriedenstellenden Ergebnis gekommen.
Violet ist die kindliche Perspektive der Geschichte, welche vor allem die Naturverbundenheit der Frauen hervorhebt. Aufgrund ihres Erbes durch ihre verstorbene Mutter wird sie von ihrem Vater kurz gehalten, darf das Anwesen nicht verlassen und wird auch mal gezüchtigt. Dabei ist sie auf so unschuldige Weise naiv und ich würde sie am liebsten nur ganz fest umarmen. Es ist schwierig für mich, mit einem derart arglosen Charakter zu sympathisieren, aber ihre Entwicklung hat es mir dann doch leichter gemacht. Ihr Erfahrungen sind einfach nur herzzerreißend, vor allem, weil sie sie nicht richtig einzuordnen vermag.
Kates Leben ist geprägt von einer toxischen Beziehung mit einem Mann, der ihr langsam jedes bisschen Selbständigkeit weggenommen hat. Als sie bemerkt, dass sie schwanger ist, schafft sie das, was vielen Frauen, die in einer derartigen Verbindung gefangen sind, nicht schaffen: Sie verlässt ihn und flieht. Ihr Handlungsstrang spielt in der heutigen Zeit, hat mir dadurch aber auch am wenigsten gefallen. Die Perspektiven der Vergangenheit hatten eine andere Grundstimmung, die mich einfach mehr fasziniert konnte.
Da alle drei Frauen der Gewalt von Männern ausgeliefert sind, ist die Geschichte wirklich hart zu lesen. Ich habe keine Content Notes gefunden, möchte aber einige am Ende meiner Rezension aufführen. So schön, verspielt und magisch das Cover ist, so wütend machend ist der Inhalt.
Emilia Hart schafft es meiner Meinung nach aber recht gut, dem ganzen einen magischen Unterton zu verleihen. Altha, Violet und Kate haben alle drei eine ganz besondere Verbindung zur Natur, die mit sehr bildhaften Beschreibungen von Pflanzen und Tieren einhergeht. Dabei wird es aber nicht sehr wissenschaftlich, es wird eher die Schönheit der Umwelt beschrieben und sehr ausdrucksvoll in Worte gefasst. Grundsätzlich ist ihr Schreibstil sehr eingängig und hat es geschafft, mich trotz grauenvoller Thematik dran bleiben zu lassen.
Die Naturverbundenheit ist auch die Komponente, bei der der magische Realismus anfängt. Diese Ausprägung hätte ich mir allerdings noch etwas intensiver gewünscht. Die Verbindung zu den Tieren spielt zwar hin und wieder eine wichtige Rolle, blieb mir für meinen Geschmack zu oberflächlich und hätte ruhig noch deutlicher hervorgehoben werden können.

(Ab hier ein Spoiler, der eigentlich keiner ist. Aber ich möchte trotzdem vorwarnen)
Warum es für mich in der Geschichte um mehr geht, als nur um Gewalt an Frauen? Sie schaffen es. Jede auf ihre Art. Sie sind keine Opfer, sondern Überlebende. 4,5 Sterne.

CN: Vergewaltigung, selbst herbeigeführte Schwangerschaftsabbrüche, ungewollte Schwangerschaft, häusliche Gewalt, sexuelle Übergriffe, Fehlgeburt, Totgeburt, Abtreibungen, generell Gewalt gegen Frauen, Unterdrückung von Frauen

******************************************

Männer haben versucht sie zu zähmen – aber die Kraft der Weyward-Frauen sprengt alle Fesseln

Ich bin eine Weyward und trage das Wilde in mir.

KATE, 2019
Kate flieht aus London und lässt alles zurück – endlich hat sie die Kraft gefunden, den Mann zu verlassen, der ihr Leben kontrolliert. Sie findet Zuflucht im Weyward Cottage im Norden Englands, das sie von ihrer Großtante Violet geerbt hat. Dort stößt Kate aber auf verstörende Gerüchte und auf ein sorgsam gehütetes Geheimnis, das sie tief in die Geschichte ihrer Vorfahren führt, bis zurück in die Zeiten der Hexenjagd.

VIOLET, 1942
Violet liebt die Natur über alles. Sie sammelt weitaus lieber Insekten und klettert auf Bäume, als sich an die strengen Benimmregeln für junge Damen zu halten. Dann verändert die folgenschwere Begegnung mit einem Mann das Leben der jungen Frau für immer.

ALTHA, 1619
Altha ist der Hexerei angeklagt – sie soll einen Mann getötet haben. Bekannt für ihr abgeschiedenes Leben als unabhängige Frau und für ihre besondere Verbindung zu den Tieren ist sie eine Bedrohung, die beseitigt werden muss.

Drei Frauen kämpfen in drei verschiedenen Zeitaltern um ihre Unabhängigkeit – aber ihre Geschichten sind weitaus enger verwoben, als es anfangs scheint.

Ein fesselnder Roman über die Macht weiblichen Widerstands und die verändernde Kraft der Natur.

Erschienen bei HarperCollins
Einzelband
Autor*in: Emilia Hart
Übersetzt von Julia Walther
ET: 25.07.2023
Seiten: 416
ISBN: 9783365000342

Eine Bestellmöglichkeit und eine Leseprobe gibt’s hier

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert