Gulraiz Sharif: Ey hör mal
(Werbung – Rezensionsexemplar)
Als ich ‚Ey hör mal‘ von Gulraiz Sharif, übersetzt von Meike Blatzheim und Sarah Onkels, zum ersten Mal in den Händen hielt, dachte ich mir: Ui, ist das dünn. Als alte Fantasyleserin bin ich dicke Wälzer gewöhnt und wusste nicht so recht, ob der Autor seine Geschichte in dieser Kürze wirklich gut erzählen kann. Und nachdem ich das Buch nun beendet habe, kann ich sagen: Ja, kann er. Intensiv, emotional, witzig und klug entführt uns Gulraiz Sharif in das Oslo von Mahmoud und seiner pakistanischen Familie.
Mahmoud ist ein fünfzehnjähriger Junge, der aus der Ich-Perspektive aus seinem Leben erzählt. Zu Beginn hatte ich noch die Befürchtung, dass mir sein Slang voller Brudis, Chicks und Diggas zu anstrengend werden würde. Aber Mahmoud ist trotz seines (oftmals sehr fäkalen) Sprechstils, der ihn vielleicht etwas platt wirken lässt, erstaunlich klug und es macht ziemlich Spaß, im zu folgen und seinen Gedanken zu lauschen – selbst wenn ich sie anders formuliert hätte. Er hat eine sehr nüchterne Sicht auf die Dinge, ist gnadenlos realistisch und dabei ohne Selbstmitleid ob seines etwas schwierigen Status als Ausländer.
Die Ausgangssituation der Geschichte ist dabei so alltäglich wie sie nur sein kann: Mahmouds Vater arbeitet viel und verdient wenig, ist kaum zu Hause, streng und sehr pakistanisch in seiner Denkweise. Seine Mutter hat einen Job als Putzfrau an der Uni, hat überall Schlappen deponiert, um ihren Söhnen eine mitzugeben, wenn sie nicht brave muslimische Söhne sind und nimmt sich extra frei, um den pakistanischen Besuch rund um die Uhr zu bekochen. Mahmouds Bruder Ali spielt lieber mit Barbies als mit Spielzeugkalaschnikows, wie es sich für einen starken pakistanischen Mann gehören würde. Zu guter Letzt kommt eben jener erwähnte Besuch in Form von Mahmouds Onkel in die Plattenbauidylle. Das können ja Sommerferien werden. Und die allerwichtigste Frage ist: Kann man Tauben eigentlich essen (ich frag für die somalischen Nachbarn)?
Wir lernen den Alltag einer Einwandererfamilie in Norwegen kennen, ihre Einstellung zur Politik, Familie und Religion, die Herausforderungen, die die westliche Welt für die muslimische Familie darstellt. Und die Herausforderung, wenn ein kleiner Junge kein starker pakistanischer Mann ist. Vor allem in der zweiten Hälfte des Buchs liegt der Fokus auf Ali und Mahmoud und es ist schier unglaublich, wie der große Bruder für den kleinen da ist. Mahmoud ist dabei so herzlich und verständnisvoll, wie man sich das von jedem Menschen überall auf der Welt wünschen würde. Er versteht Ali nicht in Gänze, aber er liest viel nach, fragt ihn, was er will und versucht, ihm das Leben leichter zu machen – vor allem auch in Bezug auf ihre Eltern, die mit Alis Identifizierung womöglich ihre Probleme haben werden. Unglaublich gefühlvoll, unglaublich stark. Eine Familiengeschichte, die nachhallt, weil sie so intensiv und besonders ist. 4,5 Sterne.
Die Jugendbuch-Sensation aus Norwegen!
Es sind Sommerferien und der fünfzehnjährige Mahmoud stellt sich auf lange Tage außerhalb seines Plattenbau-Viertels am Rand von Oslo ein. Norwegische Norweger verreisen in den Sommerferien, aber was machen mittellose Ausländer? Doch dieser Sommer wird anders. Denn die Familie erhält Besuch von Onkel Ji aus Pakistan und Mahmoud soll ihm die Stadt zeigen. Onkel Ji ist fasziniert von dem fremden Land, doch dann beginnt auch er sich zu fragen, ob mit Ali, Mahmouds kleinem Bruder, etwas nicht stimmt. Denn Ali spielt mit Puppen und benimmt sich nicht so, wie ein Pakistani-Junge sich benehmen sollte …
Arctis
Einzelband
Originaltitel: Hør her’a
Autor*in: Gulraiz Sharif
Übersetzt von Meike Blatzheim und Sarah Onkels
ET: 16.02.2022
Seiten: 208
ISBN: 9783038800545
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