Rezensionen

Angeline Boulley: Warrior Girl Unearthed

(Werbung – Rezensionsexemplar)

Auch wenn ich hauptsächlich Fantasy lese, gibt es einige Jugendbuchperlen, auf die ich mich unglaublich gefreut habe. ‚Warrior Girl Unearthed‘ von Angeline Boulley, übersetzt von Petra Bös, ist eines dieser Bücher, deren Erscheinen ich kaum erwarten konnte. Boulleys Debütroman ‚Firekeeper’s Daughter‘ hat mich im Frühjahr 2022 so fesseln können, deshalb habe ich nun ähnliches erwartet. Ich wurde nicht enttäuscht!
‚Warrior Girl Unearthed‘ spielt in der gleichen Community wie ‚Firekeeper’s Daughter‘ und es hat mir sehr gefallen, einige Namen wiederzuerkennen. Boulley lässt ihre Protagonistin wieder aus der Ich-Perspektive erzählen und wir lernen Perry kennen, eine Teenagerin des Ojibwe Tribes, die die Sommerferien über am liebsten nur lesen und Angeln wollen würde. Doch als sie mit dem Auto einen Unfall baut, übernimmt ihre Auntie Daunis (ja, die Protagonistin aus ‚Firekeeper’s Daughter‘) die Kosten und lässt Perry diese bei ihr abstottern – und zwar mithilfe eines Praktikumsjob in den Sommerferien. Perry hat darauf natürlich keine Lust, zumal ihr Chef eher ein Sonderling ist und das Tribal Museum nicht der Fluss, an dem sie angeln wollte.
Doch eben dieses Museum ist ausschlaggebend für Perrys Entwicklung, die ich sowas von genossen und unglaublich gerne verfolgt habe. Perry realisiert erst nach und nach, welche Praktiken weiße Menschen mit den verstorbenen Ahnen der Native Americans an den Tag legen. Sie wurden zu „Forschungszwecken“ in Labors geschafft, neben kulturellen Gegenständen in Museen ausgestellt – und nie wieder zurückgegeben. Ich kann Perrys Wut darüber nachvollziehen, auch wenn ich sie natürlich nie so fühlen kann wie sie. Zwar gibt es das NAGPRA, ein Gesetz, das US-amerikanische Institutionen dazu verpflichten sollte, menschliche Überreste, Grabbeigaben und Kultgegenstände indigener Abstammung an den Tribe der Nachfahren zurückzugeben. Doch diese öffentlichen Einrichtungen finden hunderte von Ausreden, diese Rückgaben über Jahrzehnte zu verzögern.
Dass ich Perrys Entwicklung genossen habe, klingt ob der Thematik ein bisschen fehl am Platz. Aber es hat mich einfach so berührt, wie emotional Boulley ihre Protagonistin Perry diese Erfahrungen erleben lässt und wie sie sich aufgrund ihrer Wut entwickelt: Zu einer Kämpferin, einem Warrior Girl, die alles dafür tun würde, ihre Ahnen nach Hause zu holen, um sie würdig bestatten zu können.
Für mich war diese Thematik der Hauptgrund, warum ich die Geschichte so interessant und spannend fand. Der deutsche Klappentext legt den Fokus eher auf das Verschwinden indigener Frauen und den Mord in der Community. Diese Handlungsstränge passen gut in die Gesamtgeschichte, hätten es für mich aber nicht gebraucht, denn alles im Zusammenhang mit der Rückführung ist schon erschreckend und beschämend genug.
Abgesehen davon gibt es wieder tolle Einblicke in die Community der Native Americans: Die Organisation der Tribes, das Leben als junger Native American, Rituale und das schmerzhafte Vermächtnis des Kolonialismus.
Sauer aufgestoßen hat mir übrigens in der Übersetzung die wiederholte (!!) Verwendung des I-Worts. Mithilfe der englischen Leseprobe konnte ich zumindest am Anfang nachvollziehen, dass Boulley das Wort Indians verwendet hat. Es muss (!) eine Möglichkeit geben, Indians anders zu übersetzen oder es gar als feststehenden Begriff im Original zu belassen. So wäre eine Möglichkeit, es im Deutschen mit ‚Indigene‘ zu übersetzen und mit Fußnoten zu arbeiten, damit rassistische Begriffe nicht reproduziert werden.
Abgesehen von der unsensiblen Übersetzung möchte ich ‚Warrior Girl Unearthed‘ allen empfehlen. Ohne Ausnahme. Es wirft einen für weiße Menschen beschämenden Blick auf ebenso beschämende US-amerikanische Geschichte, die bis heute nachwirkt. Und die zeigt, dass es noch ein weiter Weg ist, den Native Americans IHRE Geschichte zurückzugeben. 5 Sterne.

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»Ich würde alles tun, um unsere Vorfahren nach Hause zu holen.«

Perry Firekeeper-Birch weiß ganz genau, wer sie ist: der entspanntere Zwilling, die Unruhestifterin, die beste Anglerin auf Sugar Island. Ihre Pläne führen sie nie zu weit weg von ihrem Zuhause und sie würde es nicht anders haben wollen. Aber dann verschwinden plötzlich indigene Frauen aus Perrys Umfeld. Ihre eigene Familie wird in die Ermittlungen zu einem Mord hineingezogen und gierige Grabräuber versuchen aus Artefakten, die rechtmäßig Perrys Anishinaabe Tribe gehören, Profit zu schlagen. Und Perry beginnt, alles infrage zu stellen. Kurzerhand beschließt sie, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Doch bei ihrem Plan gerät Perry ins Kreuzfeuer alter Rivalitäten und Geheimnisse und sie ist sich nicht sicher, ob sie die Wahrheit herausfinden kann, bevor ihre Vorfahren und die verschwundenen Frauen für immer verloren sind …
Nach dem Sensationserfolg von »Firekeeper’s Daughter« folgt nun das zweite Buch von New-York-Times-Bestsellerautorin Angeline Boulley über eine Native American, die einen Weg finden muss, ihre Ahnen nach Hause zu holen.

Erschienen bei cbj
Einzelband
Autor*in: Angeline Boulley
Übersetzt von Petra Bös
ET: 22.11.2023
Seiten: 448
ISBN: 9783570166550

Eine Bestellmöglichkeit und einen Blick ins Buch gibt’s hier

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